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Wien Museum

Am 6. Dezember 2023 wurde das Wien Museum nach einer mehrjährigen Umbauphase wiedereröffnet. Die neue Dauerausstellung "Wien. Meine Geschichte" ist chronologisch angelegt. Sie beginnt mit dem Thema „Naturraum und urbane Umweltgeschichte“. Hier wird am Beispiel des Museumsstandortes Karlsplatz über die Geologie ins Anthropozän geführt.

Das Anthropozän ist eine neue geologische Epoche, die höchstwahrscheinlich 2024 von der Internationalen Union für Geowissenschaften eingeführt werden wird, und deren Beginn durch den Zeitpunkt markiert ist, ab dem der Mensch zu einem geologischen Faktor geworden ist. Dies gilt vor allem seit dem Einsetzen der „Great Acceleration“ in den 1950er Jahren, die sich unter anderem durch Überproduktion, den rasanten Anstieg der Weltbevölkerung und einer nachhaltigen Modifizierung von biogeochemischen Kreisläufen zeigt. Durch menschliche Aktivitäten weltweit werden mehr Erde, Sand und Steine bewegt als durch alle natürlichen Prozesse.

Blick von der umlaufenden Terrasse zur Karlskirche
Juni 2023

Erster Raum: Naturraum und urbane Umweltgeschichte

Michaela Kronberger und Sophie Insulander, beide Kuratorinnen am Wien Museum, sind für das Kapitel „Naturraum und frühe Gesellschaften“ verantwortlich.
Sabine Grupe übernahm auf Einladung des Wien Museums die externe wissenschaftliche Kuratierung zum Thema „Naturraum und urbane Umweltgeschichte“. Sabine Grupe ist Erdwissenschafterin, Leiterin des Technischen Büros für Geologie der WGM und Verantwortliche für die Hydrogeologische Forschung Wien. So fließen Expertise und die neusten Ergebnisse aus dem laufenden Forschungsprojekt Hydrogeologie von Wien in die neue Dauerausstellung ein. Dies ist im Sinne einer breiten und sofortigen musealen Sammlungstätigkeit (Rapid Response Collecting = Sammlung von Objekten, die noch „warm“ sind).
 

Sabine Grupe im ersten Raum der zukünftigen Dauerausstellung – drei Monate vor Wiedereröffnung des Wien Museums (Foto: Simone Zobl)

Erster Raum: Konzept und Elemente

Baumassemodell von Wien: Die Ausstellung geht zeitlich viele Millionen Jahre zurück. Es beginnt mit den Ablagerungen des Ur-Meeres, der Paratethys, die zu einem See wurde, der verlandete und dann von Flussablagerungen überschüttet wurde. Diese geologische Schichtabfolge sowie die flussmorphologischen und siedlungsgeschichtlichen Veränderungen werden auf ein Naturraummodell projiziert, das so die Entwicklung von Wien bis heute zeigt.

Umweltwand zur Umweltgeschichte Wiens mit interaktiven Elementen: Wien wird – ausgehend von der archäologischen Grabung am Karlsplatz - mit globalen Umweltthemen (fossile Brennstoffe, Bodenversiegelung, Radioaktivität, Müll, Abwasser, Straßenbau, Schadstoffe, Hochwasser) verbunden. Diese Diskurswand ist der Auftakt in die neue Dauerausstellung.

Sabine Grupe im ersten Raum der zukünftigen Dauerausstellung vor der Umweltwand – einen Monat vor Wiedereröffnung des Wien Museums (Foto: Severin Hohensinner)

„Fenster in die Stadt“: In der Umweltwand gibt es eine Medienstation, die sich unter dem Motto „Zurück in die Gegenwart“ mit brandaktuellen Themen rund um Ökologie und Umwelt beschäftig. Der erste Film dokumentiert die Protestbewegungen rund um die Fridays for Future. Das Ausstellungsformat ist eine gute Möglichkeit, damit die Dauerausstellung am Puls der Diskursdebatten bleibt. Es verbindet Wien mit der Welt.

Hypothetisches Bohrprofil Karlsplatz mit Vitrinen für Fossilien wie Resten von Mollusken und verschiedenen Wirbeltieren.

Thomas Payer im ersten Raum der neuen Dauerausstellung – wenige Stunden vor Wiedereröffnung des Wien Museums (Foto: Sabine Grupe). Raumelemente: Umweltwand mit aufklappbaren Türen, Medienstation (gelb), Vitrinen (rechts) und dem Baumassemodell von Wien mit Projektion (vorn).

Vitrinen, die das Beziehungsgeflecht Naturraum mit den von der Steinzeit bis zum Frühmittelalter im Wiener Raum siedelnden Gesellschaften zeigen.

Erster Raum: Beginn von roten Fäden quer durch Geschichte und Museum

Ausgehend vom ersten Dauerausstellungsraum, dem Naturraum, werden rote Fäden aus der geologischen Vergangenheit mit der rezenten Zeit verschränkt (z.B. Baurohstoffgruben am Wienerberg mit Ziegelproduktion und Ringstraßenbau). So fächern Umweltthemen in andere Räume der neuen Dauerausstellung hinein.


Geologisches Schichtmodell Wien Museum: Der Modellausschnitt in Bereich des Karlsplatzes zeigt das geologische Setting als Blockmodell. Die Bohrungen sind eingeblendet und füllen den Raum. Aus diesen Bohrungen wurde zuerst das Schichtmodell generiert, dann die Blockdarstellung. Das geologische Modell ist 5fach überhöht dargestellt, die Gebäude (Museum und Karlskirche) nicht. Die Kirche liegt am ehemaligen Ufer des Wienflusses und das Museum genau über dem ehemaligen Wienflussverlauf aus 1825. Der Wienfluss wurde im 19. Jhd. reguliert und das Wiental Anfang des 20. Jhd. mit bis zu 15 m Anschüttung (lila) verfüllt, um Platz für die Verkehrserschließung zu gewinnen.

2019 bis 2021 - vor dem Umbau des Wien Museums - wurde das Areal für den neuen Speicher des Museums archäologisch untersucht. Es wurden natürliche Schwemmschichten des Wienflusses, unterschiedliche Straßenniveaus aus dem 17., 18. und 19. Jahrhundert mit viel anthropogenem Material und eine Verkaufshalle aus den 1920er Jahren gefunden. Diese Grabung dokumentiert wie stark sich die Landschaft im Umfeld des Karlsplatzes mit der Zeit verändert hat.

Informationen über Schichten und Aufschlüsse können im Modell abgerufen werden.
Legende für Bohrsäulen und Buttons: